Montag, 11. Juni 2007

Tag 31+x – Resume meiner Reise


- Ich bewege mich gerade wieder auf München zu und bin somit am Ende meiner Zugreise… leider weiß ich nicht, wie viele Kilometer ich auf meiner Reise per Bahn und zu Fuß zurückgelegt habe... aber wer interessiert sich schon für solch statistische Werte ;-) ... insgesamt bin ich vollkommen zufrieden und glücklich über den Reiseverlauf… meine Planungen ging voll auf… so problemlos hätte ich mir das zuvor selbst nicht vorgestellt
- Auch hatte ich bzgl. meiner Ausrüstung und meiner Gesundheit viel Glück… eine Blase bei 31 Tagesmärschen ist eine hervorragende Quote… ebenfalls hatte ich erfreulicher Weise nie ernsthaft Probleme mit dem Gewicht meines Rucksacks… und der Schnupfen, den ich mir Anfang der letzten Woche zugezogen hatte, hat sich auch ohne Behandlung wieder so gut wie verzogen
- Die Auswahl meiner Kleidung war auch ausreichend… das eine Langarmhemd, dass ich mir in London noch gekauft habe, war notwendig und hat sch bewährt… die langen Jogginghosen zum Drunterziehen an kälteren Tagen habe ich hingegen nur spazieren getragen… so kalt war es zum Glück nie
- psychisch etwas anstrengender waren nur die letzten Tage, für die die genaue Route im Voraus noch nicht feststand… die möglichen Kombinationen alle erst vor Ort durch zu suchen und dann ggf. doch ändern zu müssen, da die Züge ausgebucht sind, hat doch einiges an Zeit beansprucht… offen gelassen hatte ich das Ende aber, da ich ursprünglich nicht mit einem so reibungslosen Verlauf der ersten Reisewochen gerechnet hatte
- einmal mehr empfehlen kann ich die ADAC-Stadtpläne und Landkarten, die man als Mitglied in den Filialen kostenlos erhält… sie bieten wirklich alles was man braucht: eine Karte zur Orientierung und einige ausgewählte, aber nicht lästig viele Hintergrundinformationen zu bestimmten Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten der jeweiligen Orte… wer diesbezüglich Bedarf hat, einfach mal rechtzeitig vor der nächsten Reise bei mir melden… ich jedenfalls bin froh, auf die paar Gramm Gewicht nicht verzichtet zu haben
- von den gesehenen Städten werde ich sicher Nizza und Monaco, Sevilla, Stockholm, Göteborg und Amsterdam noch einmal Besuchen und dann jeweils mehr Zeit vor Ort verbringen, um mehr als nur einen ersten Eindruck zu bekommen
- bzgl. der Fotos wird es noch ein schwieriges Unterfangen bzw. eine Menge Arbeit... von den gemachten Aufnahmen sind trotz erstem Aussortieren beim Überspielen auf das Notebook noch über 2500 Fotos übrig geblieben… wie ich damit weiter verfahre, muss ich erst noch entscheiden… wahrscheinlich werde ich die wiederum Besten der Bilder zum „Weiterzeigen“ thematisch Gruppieren… wie lange das allerdings dauert, ist fraglich
- meine interessantesten Reisebekanntschaften waren Yuhuei von der NYPD und der in Oslo lebende Afrikaner, der gerade ein Buch schreibt… mit ihnen werde ich versuchen, in Kontakt zu bleiben
- ich denke, es war auch gut, die Reise alleine gemacht zu haben… somit konnte ich mir Zeit, Wegstrecken und Ziele wirklich voll nach meinen Vorstellungen gestalten… sollte dieses Blog aber jemand lesen, der an ähnlichem „Reisestress“ Vergnügen findet, kann er sich gern bei mir melden
- falls ich eine ähnliche Reise in Europa noch einmal machen sollte, würde ich auf Jugendherbergen, wenn möglich, ganz verzichten
- anzumerken sei dann nur noch, dass ich mich rein äußerlich kaum verändert habe… wieder erkennen sollte auch ohne Namensschild möglich sein… einzig meine Gesichtsfarbe gleicht mittlerweile einem Zwischending aus Mulatte und Rothaut
- am meisten vermissen werde ich in den nächsten Tagen das entspannte Gefühl völlig ungebunden zu sein… kaum zu wissen welcher Wochentag gerade ist… und natürlich die akustische Wahrnehmung meiner Schritte ;-)
- als letztes möchte ich dann noch all meinen so aktiven Blog-Lesern für ihr Mitfiebern und Daumendrücken danken… bis zur vielleicht nächsten Reise

Tag 31 – 10.06.2007 – Bordeaux/Paris


- Bis kurz nach zwei hatte ich wieder an meinen Tageszusammenfassungen und Fotos gearbeitet und gespielt, dann versuchte ich etwas zu schlafen… damit ich sie aber nicht vier Wochen lang völlig nutzlos mit mir herumgetragen hatte, probierte ich diesmal meine auf Körperbreite zurechtgeschnittene Isodecke aus… meine Fleecejacke diente als Kopfkissen und so schlief ich angenehm gut und fest – an dieser Stelle auch noch eine Anmerkung zu der wohl etwas unkomfortablen Übernachtungsart der letzten Tage… wegen eines Kommentars wollte ich darauf noch einmal eingehen… Komfort habe ich ja daheim, dazu brauch ich nicht reisen und alles was ich unterwegs wirklich benötigte war irgendein sicherer und trockener Platz zum Schlafen, eine Dusche, günstiger Weise mindestens aller zwei bis drei Tage eine Steckdose und gelegentlich ein Waschbecken samt Trockner oder die Möglichkeit meine Sachen eine Nacht über aufzuhängen und so zu trocknen… die Jugendherbergen in der Mitte meiner Reise waren meist nur gewählt, weil es zu diesen Orten keine Nachtzüge gab und ich die Aufenthaltsräume der Bahn noch nicht ausprobiert hatte - ich bedanke mich also für die Anteilnahme, war aber mit nahezu allen meinen Übernachtungen zufrieden
- Bordeaux war wieder eine der Städte, von der ich einen ADAC-Stadtplan mit Erläuterungen für Touristen hatte… dadurch konnte ich meinen Weg etwas besser planen - gegen acht Uhr bin ich vom Bahnhof aus Richtung Garonne losgelaufen… den Fluss in Sichtweite stand ich mitten in einer großen Baustelle, dem Kai Ludwig des XVIII… zwischen Sand, Baudreck und Absperrungen kämpfte ich mich über teils Straße, Fussweg, Straßenbahnschienen oder Radweg entlang des Flussufers Richtung Stadtzentrum… nach einer Weile kam ich an einen Abschnitt, der bis auf einige Kleinigkeiten schon so gut wie fertig gestellt war… noch war hier nur vereinzelt eine Menschenseele zu sehen… ich setzte mich auf eine Bank, betrachtete den Fluss und wartete wie das Leben am Kai erwachte… mit der Zeit kamen immer mehr Jogger, Inlineskater und Radfahrer, um sich sportlich zu ertüchtigen… Platz dafür war genug… in einer Breite von gut 20 Metern gab es keine Kollisionsgefahr… von Fluss aus gesehen wurde dieser Streifen gefolgt von einer knapp ebenso breiten Grünanlage, dann kam die Straßenbahn, dann die Straße und schließlich die forderste Häuserzeile… wie ich später auf einer Tafel las, wurde der gesamte Kai in den letzten Jahren umgestaltet… laut Information sollte er auch schon seit Herbst 2006 fertig sein… das hatte wohl nicht ganz geklappt… im weiteren Verlauf folgten aber noch Schiffsanlegestellen, eine riesiger Skaterparkur, eine Marktfläche und mehrer Veranstaltungshallen und Restaurants… all diese Objekte passierte ich beim Weiterlaufen… an der Bootsanlegestelle lag die „Europa Nassau“ vor Anker… nach meiner Zählung hat sie 160 Kabinen und somit Platz für ca. 320 Passagiere… für all diese Menschen gibt es aber nur vier Rettungsboote… da dürfte es ziemlich eng zu gehen – auf der Skateranlage war anfangs noch wenig los… um diese Zeit turnten nur ein paar kleine Kinder darauf herum – mehr Trubel war dagegen auf der Marktfläsche… dort wurden schon alle möglichen Speisen angeboten… fangfrische Meerestiere, Backwaren und Konfiserie, Obst und Gemüse und auch alle Art warmer Gerichte
- Mein Weg führte mich dann weiter in einen nahe gelegenen öffentlichen Park… er war sowohl eine Oase der Entspannung, als auch Spiel und Spaß für Kinder – ich hatte hier das Glück einige hoffentlich schöne Fotos von jungen Schwänen in ihrem grauen Gefieder machen zu können
- Anschließend kam ich direkt ins Stadtzentrum… hinweg über die „Esplanade des Quinconces“ einen der größten aber genauso leeren Plätze, die ich je gesehen habe… zum prächtigen Theater der Stadt… dann weiter ins Nobel-Stadtviertel… überall waren die Straßen und Plätze noch relativ neu gestaltet… die Straßenbahn war komplett neu angelegt, wobei an manchen Stellen noch ältere Gleise vorhanden waren… gut möglich, dass die Bahn aber zeitweise ganz eingestellt war – überall schien sie aber nicht auf Gegenliebe zu stoßen… in einer Straße hingen an fast jedem Haus Plakate und Transparente, die eine Streckenerweiterung dort entlang verhindern sollte
- Ich kam schließlich an die Kathedrale der Stadt… eine der Kirchen, an der man die Weiterentwicklung des gotischen Baustils gut nachvollziehen konnte… anscheinend war die ursprünglich romanische Kirche erst aufgestockt und später um zwei seitliche Portale und ein gegenüberliegendes Kirchenschiff erweitert worden – in der Kirche wurde gerade ein Gottesdienst abgehalten… sonderlich viele Gläubige hatten sich aber nicht eingefunden, zu mal ein Teil davon Touristen waren… ich verfolgte die Zeremonie kurz, ehe ich den frei neben der Kirche stehenden Glockenturm bestieg… er war nicht direkt mit dem Gotteshaus verbunden, da man befürchtet hatte, die Wucht des Glockenschlages könne das Gebäude zum Einsturz bringen… vielleicht waren die Bedenken bei der ursprünglichen elf Tonnen wiegenden Glocke berechtigt… durch einen Riss war selbige aber durch ein, nur noch acht Tonnen wiegendes Exemplar ausgetauscht worden – der Ausblick vom Turm war sehr schön… einige Ecken der Stadt konnte ich wieder erkennen – leider konnte ich oben nicht lange verweilen… es war bereits viertel eins und mein Zug sollte um fünf vor eins abfahren… zumindest hatte ich vom Turm aus gesehen, in welche Richtung der Bahnhof lag, denn er befindet sich außerhalb den Grenzen des ADAC-Stadtplans… mit großen Schritten macht ich mich also wieder auf den Weg… völlig überrascht sah ich unterwegs noch einen offenen Supermarkt… ich wollte schon länger meine Wasserreserven wieder erweitern, hatte aber vergessen, dass Sonntag ist und somit fast alles geschlossen hat… dieser Laden aber nicht… also trotz Zeitnot noch ein kurzer Abstecher… immerhin die Straßenverkehrsschilder wiesen auch den Bahnhof aus… unsicher war ich mir aber, wie weit es noch ist… bis zur Abfahrt waren es nur noch zehn Minuten… so legte ich noch einige kurze Sprinteinlagen ein und hatte auf dem Bahnsteig sogar noch drei Minuten Zeit bevor es losging
- Vier Stunden später, kurz vor 16 Uhr, kam ich in Paris Montparnasse an… auch diesen Bahnhof hatte ich inzwischen schon einige Male passiert… dieses Mal aber trieb es mich nach draußen… ursprünglich wollte ich mit der U-Bahn zu meinem nächsten Abfahrtsort dem Bahnhof Paris Est fahren… da ich aber eher als damals geplant in der Stadt war, wollte ich nun doch noch einen Abstecher zur weltgrößten Lichtorgel machen… auf dem Stadtplan vor dem Bahnhof sah ich, dass dieser gar nicht allzu weit entfernt war… Zeit hatte ich auch genug, also machte ich mich wieder zu Fuß auf den Weg… vorher kam ich aber noch am „Hotel des Invalides“ irgendeinem mächtigen Kuppelbau vorbei… im schön angelegten Garten entspannte ich eine Weile, eh ich zum Eifelturm weiter ging… in dessen Umgebung wimmelte es nur so von Menschen… von den Wiesen ringsum war das Grün kaum zu erkennen und Mangel an Nachwuchs scheint es in Paris auch nicht zu geben – auch eine Heerschar Japaner war wieder auszumachen… mehrer japanische Paare mussten kurz zuvor geheiratet haben und ließen sich nun im Hochzeitskleid und Anzug vor dem Eifelturm ablichten… die ganze Verwandtschaft war auch dabei und die wartenden Limousinen gehörten der Oberklasse an… anscheinend der letzte Schrei unter Japans Besserverdienern
- In einiger Entfernung oberhalb des Eifelturms wollte ich ein „Ich-War-Da“-Bild von mir machen lassen… also suchte ich noch einer Person, die zum einen mit Familie oder Lebenspartner dort war und eine Kamera bei sich trug, die auf etwas fotografisches Sinn schließen lies… als erstes wählte ich einen älteren Franzosen aus… er hatte auch eine Canon und erklärte sich gerne bereit… zur Sicherheit machte er drei Bilder… jedes Mal fehlte die Spitze des Eifelturms und mein Unterkörper… ich hoffe für ihn, es lag daran, dass die Dioptrienzahl im Sucher nicht mit der seiner Brille übereinstimmte… hätte aber schon stutzig werden sollen, als er sich zuvor selbst mit seinem Handy vor dem Eifelturm fotografierte… welcher Pariser macht das schon – naja neuer Versuch neues Glück… ein asiatisches Pärchen… sie verrenkte sich gerade auf den Steinplatten, um ihn zusammen mit dem Turm atemberaubend abzulichten… beide hatten ebenfalls eine Canon… ich fotografierte erst die beiden, dann er mich… zwei Mal… mit Tumspitze… ohne Beine… Ernüchterung – ich gab auf… stellte den Selbstauslöser ein… legte eine kleine Wasserflasche unter, um auch ohne Stativ hochkant fotografieren zu können und voila… es ging doch… gleich im ersten Anlauf alles wesentlich drauf… ich brauchte allerdings noch vier Versuche, um nicht jedes Mal bis auf die Spitze den Turm selbst zu verdecken
- Zeit hatte ich noch genug, also machte ich mich auf den Weg Richtung Champs d’Elysee und Louvre… es ging aber auf 19 Uhr zu und eigentlich wollte ich erst einmal irgendwo das Formel1-Rennen von Kanada mitverfolgen… nach einigen Absagen, fand ich eine Bar, in der zwei Fernseher liefen und mir ein am Tresen sitzender Schwarzer und eine Bedienung bestätigten, dass das Rennen dort übertragen werde… ich bestellte etwas... erfuhr anschließend, dass in Frankreich Parlamentswahlen waren… und das man darüber abendfüllend berichten kann, kennen wir auch aus Deutschland... Formel1-Rennen war jedenfalls keines zu sehen und hätte ich nicht glücklicherweise in dieser Bar eine Internetverbindung gehabt, so wäre ich schnell wieder draußen gewesen… da ich aber auch schon bestellt hatte, verfolgte ich das Rennen im Internet-Live-Ticker und schrieb nebenbei an meinen Tagesberichten weiter… jetzt gegen Ende meiner Reise musste ich mich sputen… bis zu meiner Ankunft in München wollte ich mein Blog abgeschlossen haben – der Formel1 Grand Prix verlief ziemlich chaotisch… bis jetzt weiß ich noch nicht, warum Felippe Massa disqualifiziert worden ist… jedenfalls haben beide Ferrari-Piloten jetzt schon deutlichen Rückstand in der WM-Wertung und die Chancen des Youngsters aus Englang, Lewis Hamilton, stehen nach seinem ersten Rennsieg unglaublich gut
- Kurz vor 21 Uhr machte ich mich dann wieder auf und lief noch weiter bis zum Louvre… so verstaubt und dreckig wie durch die Parkanlagen in Paris waren meine Schuhe und Hosen auf der ganzen Reise nicht gewesen… anschließend gings weiter zur Kathedrale „Notre Dame de Paris“… auch bei letzterer machte ich noch mit Selbstauslöser ein „Ich-War-Da“-Bild… dann schwenkte ich Richtung Bahnhof ein… fast eine Dreiviertelstunde blieb mir noch… ich kaufte unterwegs noch ein Eis und kam rechtzeitig am Zug an
- Großraumwagen gab es diesmal leider nicht und so teilte ich mir mit vier anderen ein Abteil… die Luft war nur mäßig erträglich und zum Zeitpunkt dieses Schreibens schlief der Rest schon

Sonntag, 10. Juni 2007

Tag 30 – 09.06.2007 – Toulouse


- Ich erwachte im Zug, schaute aus dem Fenster und las „St. Jean Bordeaux“… hatte ich den DB-Planer am Vortag noch gelobt, hatte er diesmal anscheinend etwas geschwächelt… laut seinen Angaben sollte der Zug in Bordeaux nicht halten… das war aber nun auch egal… es war erst kurz nach 3 Uhr und somit sollte ich von Bordeaux aus früher eine Weiterfahrt nach Toulouse finden können, als von Tarbes… also stieg ist schnell aus… warf auf dem Bahnsteig mein Notebook wieder an und versicherte mich meiner Vermutung… um 5:44 fuhr der nächste Zug – bis dahin wartete ich auf dem Bahnhof und stürmte den bei Ladenöffnung ins erste Geschäft, da meine Wasservorräte aufgebraucht waren
- Kurz vor acht und somit fast zwei Stunden früher als geplant, kam ich in Toulouse an… die Touristeninformation befindet sich im Stadtzentrum, aber am Bahnhof war ein Stadtplan, so dass ich wusste, wo in etwa ich hin muss – am meinem Weg kam ich an einem Lebensmittelgeschäft vorbei und bog sofort ab, da mein Frühstück noch nicht gesichert war… nachdem ich die ersten zwei Gänge durchstreift hatte, fühlte ich mich stark an Lidl erinnert… dann schaute ich mich noch einmal richtig um und tatsächlich… ich hatte wieder meine Nahrungsmittelheimat gefunden – das wäre wieder eine tolle Wette für „Wetten dass…“... ich wette, ich erkenne jeden Laden eines großen Lebensmitteldiscounters in Europa nur an der Art, wie die Regale eingeräumt sind… naja vielleicht greift ein andere die Idee auf… ich werde es wohl doch besser lassen… der Tommy wird schon auch ohne mich weiter klar kommen
- Mit Nahrungsmitteln versorgt, suchte ich dann die Touristeninfo auf… mit dem Stadtplan ging es dann gleich in den nächsten Park und dann wurde erst einmal gefrühstückt… irgendwann fragten mich ein japanisches Pärchen, in welche Richtung die größte Kirche der Stadt liegt… ich konnte ihnen da wenig weiterhelfen, aber eine Französin sprang gleich ein… sie hielt dann einen 10-Minuten-Vortrag in ihrer Muttersprache, von dem ich einzig und allein verstand, dass es vier vom Baustil sehr unterschiedliche Kirchen in der Stadt gibt und diese von dem Standpunkt aus, in vier verschiedenen Richtungen lagen… ich suchte diese Kirchen dann auch auf meinem Stadtplan heraus und richtete meine Route so aus, dass ich möglichst an allen vorbeikam
- Im Wikipedia-Eintrag über Toulouse hatte ich zuvor unter anderem von einem großen Chemieunfall 2001 gelesen… 300 Tonnen Ammoniumnitrat waren damals in einem Lager explodiert, haben 31 Menschen das Leben gekostet und im Umkreis von 5km die Fensterscheiben zum Bersten gebracht… von den Lagerhallen blieb nun ein 50 Meter breiter und 10 Meter tiefer Krater übrig… kaum vorstellbar welche Kräfte da gewirkt haben – ich jedenfalls las und höre davon zum ersten Mal, aber vielleicht war in unseren Medien wenig davon berichtet worden, da sich das ganze zehn Tage nach dem 09/11 ereignete
- Das erste Ziel auf meinem Stadtrundgang war die „Basilique Saint-Semin“… es ist die Größte noch erhaltene romanische Kirche… sie gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und ist wohl in den letzten Jahren vollkommen restauriert worden… genauso interessant wie diese Kirche, war aber das Treiben davor… es war mal wieder Trödelmarkt und neben dem Wein scheint das eine weitere Vorliebe der Franzosen zu sein… ob Polsterstuhl, verrostetem Bügeleisen oder Plüschtieren alles war käuflich zu erwerben
- Die nächste empfohlene Kirche war leider geschlossen… so trieb es mich über die Garonne in einen schmalen Park entlang des Flusses… einiger Leute genossen die Sonnen oder den Schatten und lagen auf der Wiese… auffälliger waren aber die Mülleimer… sie waren nicht nur übervoll… rings umher türmte sich der Müll zu kleinen Bergen auf… kein wirklich angenehmer Anblick… trotzdem verweile ich einige Zeit in dem Park und entspanne… anschließend bemerke ich etwas oberhalb vermehrtes Treiben… ich nähere mich dem ganzen und lese auf einem Plakat, dass es sich um die 6. Austragung eines nationalen Boule-Wettbewerbes handelt… auf einer Länge von ca. 800m trainieren oder beobachten ungefähr 500 Leute das Spiel… mit meiner Kamera werde ich von den meisten für einen Pressefotograf gehalten und manche nehmen sofort Aufstellung zum Gruppenbild… andere wollen sich versichern, ob ich sie im Siegesfall fotografiere – willkürlich werden dann erst einmal die Startnummern vergeben… so weit, so gut… dann aber kommt es zur Bekanntgabe der Spielpaarungen… etwas derart unpraktisches kann man sich kaum ausdenken… für jede Spielpaarung gibt es ein kleines Kärtchen, auf dem die Startnummern der beiden Kontrahenten stehen… beide Nummern werden per Mikrofon ausgerufen und der der sich zu erst meldet erhält das Kärtchen… anschließend muss er irgendwie aus der Menge der anderen ungefähr 250 Teilnehmer seinen Gegner finden oder dieser ihn… um sich dieses System auszudenken, muss schon sehr viel Wein geflossen sein… eine hierarchische Tafel mit den Spielpaarungen wäre sicherlich für alle einfacher gewesen… aber vielleicht sollte es gar nicht einfach sein… zumindest die Kommunikation untereinander wurde dadurch extrem gefördert – nach einiger Zeit erfuhr ich aber, dass die eigentlichen Spiele erst abends ab halb neun stattfinden sollten… sechs Stunden wollte ich nun nicht warten und so setzte ich meinen Weg fort
- Nach ein paar Minuten kam ich „Musée de Augustins“, einem Museum in dem in einer ständigen Ausstellung Kunst von der Romanik bis zum Barock zu sehen ist… dieses Museum hatte ich mir bereits vorher vorgemerkt und konnte neben der Ausstellung auch noch die angenehm kühlen Räumlichkeiten und mein Fliegengewicht ohne Rucksack genießen… leider sind die Beschreibungen der Exponate für mich völlig unverständlich… die Ausstellungsstücke selbst aber auch so sehenswert
- Nachdem ich noch eine weitere Kirche angeschaut hatte, machte ich mich mal wieder auf die Suche nach einer Internetverbindung… nach einem recht stockenden Versuch, fand ich endlich eine gute Verbindung in einer Seitenstraße neben einem kleinen Hotel… im Web surfend verbrachte ich dann die nächste Stunde… es war inzwischen Abend und ich machte mich Richtung Bahnhof auf… die Reservierung des TGV klappte problemlos und so ging es weiter nach Bordeaux
- Um viertel vor Mitternacht kam ich in Bordeaux St. Jean an… den Bahnhof kannte ich mittlerweile schon gut, war ich doch inzwischen schon zum dritten Mal innerhalb der letzten Tage da… ich hoffte in den Aufenthaltsraum zu kommen, war mir aber nicht sicher, da ich nur eine Reservierung für meinen Zug nach Paris hatte… und dieser fuhr erst kurz vor 13 Uhr… der Bahnangestellte ließ mich aber unkompliziert hinein und so war ich wieder im angenehm ruhigen Himmelreich mit Strom und der Dusche gleich nebenan

Tag 29 – 08.06.2007 – Chartres


- erst kurz nach 7 Uhr und nicht, wie mir gesagt wurde, schon 5:45 Uhr kam ich in Paris an… da ich die Fahrt aber liegend verbringen konnte, war dies eher eine positive Überraschung – angekommen war ich diesmal wieder in Paris Austerlitz, musste aber nach Montparnasse, um mit dem Regionalzug nach Chartres zu kommen… bezüglich des Abfahrtsbahnhofs war ich mir diesmal sicher und nach somit auch die richtige U-Bahn – im anschließenden Regionalzug waren die Sitzverhältnisse etwas beengt und ich quetschte mit meinem Rucksack mitten unter einer Schulklasse auf Wandertag… ich vermutete erst, wir hätten das gleiche Ziel, da einer der aufsichtsführenden Lehrer an Hand seines Kragens als geistlicher zu erkennen war… dann stieg die ganze Kinderschar aber doch eine Haltestelle vor mir aus
- ich war gegen 9 Uhr angekommen, bis ich aber in die Stadt aufbrach, verging noch eine gute Stunde… erst einmal nutzte ich die saubere, wenn auch nicht moderne Bahnhofstoilette, um mich und mein Hemd vom Schweiß des Vortages zu befreien – anschließend führte mich mein erster Weg wie meistens zur Touristeninfo… dort fand ich neben dem erhofften Stadtplan auch noch ein Schild mit Seltenheitswert „Wireless LAN“… auf Nachfrage konnte man hier kostenlos online gehen.. positiv überrascht, freute ich mich endlich mein Blog weiter vervollständigen zu können… die letzten Tage hatte ich nie einen Zugang zum Internet gefunden… aber wie es so schön heißt: „Lobe den Tag nicht vor dem Abend“… ich konnte keine Verbindung zum Internet herstellen… außer einer Fehleranzeige passierte nichts – die „Stromgelegenheit“ in der Touristeninformation nutzte ich trotzdem, versorgte mein Notebook mit neuem Lebenssaft, während ich an meinen Tagesberichten weiter schrieb – anschließend unternahm ich noch den Versuch irgendwo anders im Ortskern eine kostenlose Internetverbindung zu finden… abgesehen davon, dass es dämlich aussieht, wenn man mit aufgeklappten Notebook herumläuft und an jeder zweiten Straßenecke stehen bleibt, hofft und mit ernüchternden Gesichtszügen weitergeht… abgesehen davon, war das ganze reine Zeitverschwendung… eine Internetverbindung war nicht zu finden – bzgl. des „es sieht dämlich aus, so herum zu laufen“ sei aber noch gesagt: wer beim Laufen merkwürdig quitscht, kann auch noch merkwürdig aussehen… das war mir spätestens seit dem Vortag fast völlig egal… war ich zuvor eigentlich nur in Großstädten unterwegs, wo der einzelne meist eh nur anonym einer unter vielen ist, so ist La Rochelle de Ville doch eher eine Kleinstadt… zumindest die Altstadt… und da ich auch dort wieder in fast jeder dritten Straße herumgequitscht bin, konnte ich mir meines Platzes unter den städtischen Gesprächsthemen an diesem Tag sicher sein
- doch zurück zu meinem Aufenthalt in Chartres… nachdem ich die Internet-Suche aufgegeben hatte, stärkte ich mich erst einmal, bevor ich die Kathedrale in Augenschein nahm… von ihr hatte ich vor einiger Zeit schon beeindruckendes gelesen und sie war der Grund, warum ich die Stadt besuchte… schon von außen war das Bauwerk imposant… riesige massive Pfeiler ragen in Reih und Glied entlang der Kirchenwände in die Höhe… sie zeigen zum einen, dass es sich um eine gotische Kathedrale handelt, deren Dachlast mittels dieser Streben von den Seitenwänden abgelenkt wird… zum anderen zeigen die Säulen, dass es sich um ein frühgotisches Bauwerk handelt, da sie noch sehr massiv sind – ganz in Gegensatz beispielsweise zum Kölner Dom… auffällig von außen sind zudem die zwei verschiedenen Türme der Kathedrale… beide ebenfalls gotischen Stils… der eine jedoch viel filigraner und reicher verziert und somit später fertig gestellt… am beeindruckendsten sind aber die drei Portale… sie bestehen jeweils aus drei großen Türen, die ringsum, je ein Thema darstellend mit Skulpturen verziert sind – vom Inneren der Kirche war ich etwas enttäuscht… ich stand in einem riesigen aber trotz Mittagszeit fast schwarzem Kirchenschiff… die Vielzahl erhaltener Bleiglasfenster, ihre Diversität und die dadurch beschriebenen Geschichten sind wohl einzigartig… ebenso der mit 40 Skulpturenbildern verzierte Chorrundgang... und auch das riesig Labyrinth im Fussboden… trotzdem kam in diesem „schwarzen Loch“ bei mir keinerlei erhebendes Gefühl zustande – trotzdem ist die Kathedrale auf jeden Fall sehenswert und wohl auch einzigartig
- nachdem ich wieder das Tageslicht genoss, machte ich mich auf die Touristenroute durch Chartres entlang zu gehen… denn nicht nur die Kathedrale ist sehenswert, ringsum liegt auch eine wunderschöne und fast komplett erhaltene Altstadt mit großteils mittelalterlichen Häusern und einigen weiteren sehr schönen Kirchen
- der Tag neigte sich dann schon langsam gegen Abend und ich ging zum Bahnhof, um für diese Nacht meinen Zug von Paris nach Toulouse zu reservieren… leider verstand die nette Frau am Schalter kein Englisch… mit meinem Französisch kam ich auch nicht weit genug… und als sich eine nette Französin als Übersetzerin anbot, ließ die Bahnangestellte jedes organisatorische Talent vermissen und konnte mir nur mitteilen, dass dieser Zug nach Toulouse bereits ausgebucht war… ich beschloss aber trotzdem am Abend nach Paris zu fahren und dort noch einmal nach möglichen Verbindungen zu fragen
- zuvor steuerte ich aber noch den örtlichen McDonalds an… und… oh wunder… ich fand einen kostenlosen Internetzugang vor… dort wo ich am wenigsten damit gerechnet hatte… schließlich sind in Deutschland alle McDonalds-Filialen diesbezüglich nur Sklaven der Telekom – so schnell als möglich lud ich meine Reiseberichte der Tage 23-27 in mein Blog und musste auch schon wieder aufbrechend
- fliegenden Schrittes kam ich zum Bahnhof… gerade noch rechtzeitig um den Regionalzug nach Paris zu erwischen… es war ein moderner Doppelstockzug und völlig erstaunt konnte ich feststellen, dass an jedem Sitzplatz eine Steckdose vorhanden war… ich verkabelte meine Geräte und freute mich auf eine unterhaltsame Fahrt… aber anscheinend war der Zug den Franzosen zu modern und sie hatten noch einige Handlingsprobleme… 100m nach dem Bahnsteig war jedenfalls Endstation der Fahrt…20 Minuten lang sprangen noch verschiedene Bahnmitarbeiter in orangen Warnwesten um den Zug… dann gings endlich weiter… zurück in den Bahnhof – dort durften alle Fahrgäste wieder aussteigen und auf den nächsten Zug warten
- dieser fuhr eine Stunde später als der vorherige… aber er fuhr wenigstens… Steckdosen gab es in diesem natürlich keine… aber auch so hatte ich noch genug Strom, um alternative Bahnverbindungen für diese Nacht nach Toulouse herauszusuchen, mein Fahrgeschick auf der „Streif“ zu verbessern und meine Tagesberichte weiter zu schreiben… zu mal ich für den Notfall immer noch meinen Zweitakku mit mir herumschleppte, der bisher auf der ganzen Reise gerade einmal zum Einsatz kam
- für die vormals mögliche Alternative eines TGV nach Bordeaux kam ich nun zu spät in Paris an… erfreut erfuhr ich am Schalter aber, dass im Nachtzug nach Tarbes noch Plätze frei waren… der fuhr zwar auch nicht direkt an Toulouse vorbei… aber von dort aus gab es eine Schnellzugverbindung – die Fahrkartenschalter hatten aber alle schon geschlossen, die Bahninformation konnte keine Reservierungen vornehmen und so wurde ich direkt zum Schaffner geschickt… als erstes traf ich aber auch einen Bahnmitarbeiter, der mir zwar keine Reservierung ausstellen, mir aber sagen konnte, dass diese genauso viel kosten würde wie am Schalter oder Automaten… zwei Minuten später beim richtigen Schaffner, wollte dieser von mir satte 15€-Reservierungsgebühr wegen Buchung an Bord… das war mir erst einmal zu viel… bis zur Abfahrt waren es noch 15 Minuten und so suchte ich den anderen Bahnmitarbeiter wieder auf… der blieb bei seiner Ansicht, da die Schalter geschlossen waren und ich keine Alternative hatte… er ging mit zum Schaffner, konnte diesen aber nicht überzeugen… er zeigte aber außerordentlichen Einsatz und rannte mit mir noch zu den Automaten, um dort vielleicht doch irgendwie eine Reservierung durchführen zu können… dies ist normalerweise nicht möglich, da die Automaten das Interrail-Ticket nicht kennen… bis zur Zugabfahrt waren es noch vier Minuten, aber wir wurden tatsächlich fündig… mit zwei Kinderfahrscheinen zu je 1,50€ hätte ich die Höhe der Reservierungsgebühr gezahlt… dummerweise nahm dieser Automat aber kein Bargeld an und meine Mastercard funktionierte überall, bloß nicht in Frankreich… als letzten Ausweg empfahl mir der völlig enttäuschte Mitarbeiter, ich solle die 15€ im Zug bezahlen und sie später per Brief über den Kundendienst der französischen Bahn wieder zurück fordern… keine Ahnung, ob das wirklich funktioniert…jedenfalls rannte ich wieder zum Zug und konnte gerade noch vor den beiden Schaffnern einsteigen
- während ich anschließend im Speisewagen auf die beiden wartete um meinen Fahrschein zu bezahlen, lernte ich zumindest noch zwei nette Leute kennen… eine Spanierin aus Barcelona und einen US-Amerikaner aus NYC… beide studieren in Paris und wollten einen Wochenendausflug an die französische Atlantikküste machen… allerdings waren sie arg am Zweifeln, ob sie im richtigen Zug saßen… dank meine DB-Planers konnte wir diese Zweifel aber auflösen… ihm sei an dieser Stelle generell einmal ein Lob eingeräumt… nahezu alle Verbindungen, die ich während der vier Wochen genutzt hatte, waren im Fahrplan dieses Tools enthalten… ohne ihn wäre die Reise sicher um einiges schwieriger Verlaufen… denn Bahnmitarbeiter sind nun einmal darin ausgebildet, die schnellsten und kürzesten Verbindungen herauszusuchen und nicht die, mit denen man die ganze Nacht im Zug verbringen kann :-)

Samstag, 9. Juni 2007

Tag 28 – 07.06.2007 – La Rochelle Ville


- des Nachts auf dem Bahnhof konnte ich einmal mehr beobachten, in welchen verzweifelten Positionen sich Menschen herumquälen, um schlafen zu können… da ist die Variante sich nach vorn gebeugt auf die eigenen Kniee zu legen… um das angenehm zu finden, sollte man schon regelmäßig Bodenturnen machen oder sich anderweitig verbiegen… dann war die Variante zu sehen, sich in Embryostellung um einen Armlehne herum auf zwei Sitzflächen zu legen… rätselhaft wie man so schlafen kann… neben verschiedensten weiteren seitlichen Sitz-Schlafpositionen, ist das wohl günstigste sich einfach auf den Boden zu legen… in manchen Fällen gleicht das dem Anblick gestrandeter Wale… ich hatte mich normal auf einen Platz gesetzt, meinen Kopf auf Rucksack und Fleecejacke über dem Nachbarsitz gebettet und meine Arme auf der dazwischenliegenden Armlehne untergebracht… hab so in Abschnitten immer wieder gut geschlafen und war am morgen wieder fit
- ich hatte mich inzwischen für den 7:20 Uhr Zug nach La Rochelle Ville entschieden… somit konnte ich am folgenden Abend mit dem Nachtzug über Paris nach Chartres fahren… am darauf folgenden Abend wieder mit dem Nachtzug zurück nach Toulouse… dort oder in Bordeaux übernachten und am letzten Tag dann gegen Abend von Bordeaux nach Paris und mit dem Nachtzug weiter nach München fahren… vorerst reservierte ich aber erst einmal nur die Verbindungen für diesen Tag
- der TGV an diesem Morgen war nahezu voll besetzt, aber nicht der Art mit Gepäck überladen wie der Thalys am Vorabend… die Zeit während der Fahrt nutzte ich, um meine Tagesberichte weiter zu schreiben… allerdings hatte ich selbige schon seit zwei Tagen nicht mehr online stellen können
- um kurz vor halb elf kam ich in La Rochelle Ville an… im Gegensatz zu Paris schien hier die Sonne… das kam mir sehr gelegen… unangenehmer war hingegen, dass es hier keine vernünftigen Sanitäreneinrichtungen gab… die Toilette war technisch wie ihr Zug-Pendant aufgebaut und besaß somit kein richtiges Waschbecken… auch kam ich nicht an meinen Waschbeutel heran, da der ganze Toilettenboden unter Wasser stand und ich froh war, dass ich meinen Rucksack an einem Hacken aufhängen konnte… immerhin fließend Wasser und Flüssigseife war da… und ob der Wasserspiegel in der Toilette noch etwas stieg war auch egal… also versuchte ich mich notdürftig so gut es ging frisch zu machen
- mein nächster Weg führte mich dann erstmal zur Touristeninformation… ADAC-Stadtplan hatte ich diesmal keinen… aber immerhin gab es dort jemanden, der sogar etwas Deutsch sprach und so kam ich an einen Stadtplan samt eingezeichnetem, lohnenswerten Rundweg durch die Stadt… bevor ich diesen Weg aber in Angriff genommen habe, nutzte ich eine Sitzgelegenheit im Zentrum erst einmal, um noch meine restlichen Ansichtskarten zu schreiben und etwas zu essen… dann machte ich mich auf, die Stadt zu erkunden
- im Kern der Altstadt hatten fast alle Fußwege von Arkaden durch die Sonne geschützt… die Häuser selbst glichen häufig denen in Nizza… glatte helle Hauswände, die nur durch die Fenster samt Fensterläden unterbrochen sind… einige Häuser waren aber auch einem Fachwerkstil erbaut, wobei das Holzbalken mit Schieferschindeln verkleidet sind
- auch der mir empfohlene Route durch die Stadt kam ich auch an der größten Kirche von La Rochelle vorbei… sie war im romanischen Stil erbaut und im Innenraum sehr hell und relativ schlicht… einzige hinter dem Altar ist eine kleine Kapelle mit prächtigen Buntglasfenstern, bemalten Wänden und einem imposanten Deckenfresko…
- fast am Ende meines Stadtrundganges lief ich die alten Wehranlagen am Wasser entlang bis zu einem öffentlichen Strand… auch der war mir empfohlen worden und ich empfand Vorfreude ob des kühlen Wassers… die Lufttemperatur lag an diesem Tag irgendwo über 30°C… aber… der Atlantik, diese feige Ansammlung von H2O-Molekülen, scheute den offenen Kampf mit mir und hatte sich irgendwo in die Ferne verzogen… alles was ich sehen konnte, waren ein paar mehr oder minder braune Körper am Strand und danach eine ewig lange Geröllfläche mit einigen Pfützen… mit Erfrischung für die Beine oder gar baden war hier also nichts los… schade
- wenn ich schon selbst nicht ins Wasser konnte, so wollte ich mich wenigstens an anderen Lebewesen erfreuen, denen das Gegenteil verwehrt war… in La Rochelle befindet sich Europas größtes Aquarium… meine Eintrittskarte hatte ich schon in der Touristeninfo nach meiner Ankunft gekauft und so konnte ich direkt zu meinen Sternzeichengenossen – in einer Vielzahl von großen und kleinen Becken mit unterschiedlichsten Wasserströmungen waren tausende Fische zu „begaffen“… sämtliche Arten und ihre Lebensräume waren ausführlich beschrieben… allerdings in einer mir immer noch fremden Sprache… mir ging es eigentlich auch hauptsächlich um die Farbenpracht der Meeresbewohner… sonst hätte ich mir einen Audioguide nehmen können – aber farbenfroh war es wirklich… die schönsten Fotoaufnahmen gelangen mir von Fischen in einem Brandungsbecken, wobei man als Besucher die ganze Szene von unten bestaunen konnte… toll gemacht – alles in allem hat Europa aber noch einiges Potential, wenn dieses Aquarium tatsächlich das größte in „der alten Welt“ ist
- nachdem ich der Hitze wieder ausgeliefert war, neigte sich meine Besuchszeit für diesen Tag auch schon wieder dem Ende zu… per Schnellzug wollte ich erst nach Bordeaux, von dort aus weiter mit dem Nachtzug nach Toulouse und wiederum mit dem Nachtzug weiter nach Paris, um von dort mit dem Regionalzug nach Chartres zu fahren… diese wirklich famose Anschlusszugkombination, die später noch mehrere Schaffner zum Zweifeln brachte, welcher Mitarbeiter der französischen Bahn mir wohl diesen umständlichen Weg herausgesucht hätte, jedenfalls diese Kombination war schon nach der ersten Teilstrecke zu Ende… der Nachtzug von Bordeaux nach Toulouse fiel an diesem Tag wegen Streik aus – mir machte das nichts wirklich aus, ich konnte einen anderen Zug gegen 2:45 nehmen, der mich direkt nach Paris brachte… bekam sogar als Entschädigung einen Liegeplatz und konnte zwischenzeitlich meine Akkus im Bahnhof wieder voll aufladen, meine Tagesberichte und Fotos weiter bearbeiten und eine Runde digital die „Streif“ herunterfahren – andere Bahnkunden nahmen die Sache aber weniger leicht… nachdem sich der Menschenauflauf im Bahn-Info-Büro nach anderthalb Stunden wieder gelegt hatte, war ein aufdringlicher Franzose übrig geblieben… der stritt solange mit dem Bahnangestellten herum, bis der Disput von der Lautstärke her auch im letzten Bahnhofswinkel noch zu hören war… anschließend kam dann auch noch die Polizei herzu und anhand ihrer Reaktion musste sie sich wohl auch noch Anschuldigungen der Untätigkeit gefallen lassen – ich denke was in diesem Info-Büro (erstaunlicher Weise) gefehlt hat, war Wein… die überschwängliche Liebe der Franzosen zu diesem Genussmittel ist ja bekannt… hätten die aufgebrachten Fahrgäste während ihrer reichlichen Stunde Wartezeit Wein getrunken, hätte sich die ganze Situation von selbst entspannt und aufgelöst… auch die französische Bahn kann eben noch dazulernen

Freitag, 8. Juni 2007

Tag 27 – 06.06.2007 – Brüssel


- Nach meiner nächtlichen Rundreise (siehe Vortagseintrag) war ich trotzdem munter wieder in Brüssel angekommen… richtig gut gings mir dann, nachdem ich mich auf der glücklicher Weise sauberen Bahnhofstoilette wieder frisch gemacht hatte
- Vom Bahnhof aus bin ich dann erstmal Richtung Touristeninfo gelaufen… diese hatte gegen 8 Uhr aber noch nicht auf… so studierte ich eine Straße weiter auf einer gemütlichen Parkbank erst einmal den ADAC-Stadtplan und die entsprechenden Erläuterungen… im Verlauf des Vormittags sah ich mir dann den mächtigen und über der Stadt thronenden Justizpalast an und streifte in den Gassen von Marollen, des ehemals ärmeren Stadtteils, umher… ich besichtigte Notre-Dame-de-la-Chapelle… eine Kirche, deren Bau im romanischen Stil begonnnen, im gotischen Stil fortgesetzt und später anderweitig noch verändert wurde… vor allem das komplett in dunklem Holz verkleidete und bemalte Kirchenschiff war imposant – insgesamt in den drei an diesem Tag besuchten Kirchen war auffällig, dass alle sehr aufwendig geschnitzte Kanzeln hatten… dabei war selbige nicht nur mit Schnitzereien verziert, sondern wie von Skulpturen umschlungen – im Tagesverlauf war ich auch in drei Parkanlagen… jede relativ klein und doch die einzigen im Stadtkern von Brüssel – an grünen Oasen der Entspannung kann die Stadt mit den meisten anderen Großstädten nicht mithalten… in positivster Erinnerung ist mir da immer noch Madrid
- Was ist bei Regen blau, bei Sonnenschein etwas beiger und schon aus 200m Entfernung zu hören?... richtig: ich mit meinen Schuhen… und diese Antwort könnte wohl jeder geben, der mir in den letzten fast zwei Wochen über den Weg gelaufen ist und mich „gehört“ hat… ich bin jetzt schon gespannt, was die netten Verkäufer-/innen bei Sportscheck machen werden, wenn ich die Schuhe reklamiere… in den USA würde so ein Fall vor Gericht landen… ich würde wegen psychischer Belastung durch Dauerquitschen, Minderwertigkeitskomplexem beim Passieren anderer Menschen und physischen Belastungen durch teilweise Veränderung der Abrollbewegung beim Gehen ein Schmerzensgeld von mindestens 50 Mio. US-Dollar erhalten… nun lebe ich aber in Deutschland und hoffe es kommt wenigstens mehr als ein mitleidiger Blick der Verkäuferin dabei raus… habe inzwischen auch schon mehrere Versuche unternommen, das nervtötende Geräusch mit meinem Handydiktiergerät aufzunehmen… ist aber auf Grund anderer Hintergrundgeräusche doch sehr schwierig
- Besonders an meine Schuhe erinnert wurde ich in Brüssel in einem Park als mir der ideal dazu passende Kinderwagen begegnete… dessen Räder quietschten ständig beim Fahren… meine Schuhe in Kombination mit diesem Kinderwagen wären der optimale Nervtöter – auch auffällig war, wie viele Männer in dem einen Park um die Mittagszeit Joggen waren…ohne Dusche auf Arbeit wäre so etwas wohl kaum möglich
- Am Nachmittag besichtigte ich dann noch einmal ausführlich den Marktplatz von Brüssel… er ist umsäumt von prächtigen gotischen und barocken Häusern der verschiedenen Handwerksgilden, sowie dem Rathaus
- Auf dem Marktplatz hatten sich auch gerade zwei deutsche Schulklassen samt Aufsichtspersonal eingefunden… diese drei Lehrer, zwei Damen und ein Herr… wobei der Begriff Damen hier wohl eher unangebracht erschien…sie gaben jedenfalls unabhängig ihrer hoffentlich beachtlichen fachlichen Kompetenz und ihrer Persönlichkeit kein sonderlich repräsentatives Bild ab… ein weiteres Argument die Schuluniform in Deutschland einzuführen, vorausgesetzt die Lehrer werden auch damit ausgestattet
- Am späteren Nachmittag wollte ich das Atomium besichtigen… seit längerem mal wieder ein städtisches Nahverkehrsmittel nutzend, fuhr ich vom Zentrum aus zwar in die richtige Richtung los… aber mit der falschen Bahn… ich war mir von Anfang an unsicher, aber zu faul, noch mal auf den U-Bahn-Plan zu schauen… das tat ich erst, als ich schon sieben Haltestellen in die falsche Richtung gefahren war… mit dem Gegenzug gings dann aber problemlos zum Ziel – das Atomium selbst ist als bautechnisches Kunstwerk beeindruckend… beim Besichtigen von Innen merkt man davon allerdings kaum etwas… die Aussichtsplattform in der obersten Kugel ist auch nicht anders als auf einem Aussichtsturm… und die Ausstellungsstücke zum Bau und der Renovierung des Atomiums, sowie den zwei Weltausstellungen sind sehenswert aber kein „must“
- Anschließend musste ich mich dann auch schon wieder langsam auf den Weg zum Bahnhof machen… dabei konnte ich noch zwei amüsante Beobachtungen machen… zum einen kam ich in der Innenstadt wieder an dem Platz vorbei, an dem ich des morgens einige Zeit verbracht hatte… inzwischen waren die Cafes und Restaurants gut gefüllt… davon wollten zwei Straßenmusiker profitieren… ein Akkordeon und ein Geigenspieler… letzterer fidelte was das Zeug hielt und ersterer war verärgert, dass er nicht zum Zug kam… zwei mal unternahm der Akkordeonspieler auch Ansätze und begann einfach ebenfalls zu spielen…. aber er brach dann wieder ab und gab nach… unverständlich, da er das lautere Instrument hatte… vielleicht aber war er einfach der klügere und wartete auf den Moment, wenn der andere einsehen würde, dass er dort eh nichts verdienen kann… denn Geigenspieler können etwas reizvolles haben… nicht aber, wenn sie in kurzen Hosen und mit unübersehbarem Bierbauch verdeckt von einem Adidas-Shirt auftreten – die zweite amüsante Begebenheit war dann auf dem Bahnsteig… dort schien ein Mann, Kategorie Straßenkehrer, auf seinen Zug zur Arbeit zu warten… jedenfalls war er gerade dabei Bier in eine Trinkflasche umzufüllen… zweifelhaft ob sein Arbeitgeber oder wer auch immer, sich rein durch diesen äußeren Schein täuschen lässt
- Nachdem ich meine letzte Nacht etwas unorthodox verbracht hatte, wolle ich diesmal mit dem Thalys von Brüssel nach Paris und von dort mit dem Nachtzug weiter nach Bordeaux… leider erfuhr ich am Bahnhof, dass im Nachtzug keine Sitzplätze mehr verfügbar waren… nur noch Liegen zu 17,50€ (fast Jugendherbergspreise)… unentschlossen reservierte ich erst einmal nur die Fahrt im Thalys und wollte mir alles weitere auf dem Weg nach Paris noch mal überlegen – die Fahrt im Thalys aber war eine Frechheit, wenn man die Fahrpreise in Betracht zieht.. für die eine Stunde Fahrt nach Paris hatte ich 15€ Reservierungsgebühren zahlen müssen… der Thalys ist aber die einzige zumutbare Verbindung auf dieser Strecke… alle anderen Züge bräuchten bei mehrmaligem Umsteigen sechs bis acht Stunden… fraglich ob andere Wettbewerber absichtlich von der Strecke fern gehalten werden, dann wäre das ganze ein Fall für die EU-Kartellbehörde: wegen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung - nun sind 15€ für eine Reservierung viel Geld, aber vielleicht noch vertretbar, wenn Reisegeschwindigkeit und Komfort stimmt… vor allem an letzterem mangelte es aber erheblich… der Zug war restlos ausverkauft…das Platzangebot für Gepäck beschränkt sich ungefähr auch einen Koffer für jede achte Person und ein Handgepäckstück in Größe eines kleinen Rucksack oder einer großen Handtasche… da durchschnittlich aber jeder Passagier einen Koffer und mehrere Handgepäckstücke hatte, die nicht in die völlig zu klein dimensionierte Hutablage passten, war schon das Einsteigen eine Qual… ich hatte Glück und war nach fünf Minuten an meinem Platz… andere Fahrgäste stiegen und quetschten sich 20 Minuten lang herum, um bis zu ihrem Sitz zu gelangen… und das obwohl sie die ganze Zeit im richtigen Wagen waren… alle Gänge und jeder irgendwie nicht von Beinen ausgefüllte Freiraum zwischen den Sitzen war mit Gepäckstücken zugestellt… schlicht unzumutbar… und für diesen Fahrpreis unverschämt
- Auf meiner Fahrt nach Paris war mir aber eingefallen, dass es auch noch eine andere Möglichkeit gibt, um nach Bordeaux zu kommen, den Nachtzug nach Toulouse und von dort aus mit dem Schnellzug weiter… vielleicht waren ja in diesem Nachtzug noch Sitzplätze frei – ich kam aber erst 22:10 Uhr in Paris-Nord an und musste mit der U-Bahn noch nach Paris-Montparnasse… hurtig versuchte ich ein U-Bahn-Ticket zu bekommen und die richtige U-Bahn zu finden… dabei half mir ein netter Schwarzer, der mich auch schon auf dem Brüsseler Bahnsteig gesehen hatte… auf der 30-minütigen U-Bahnfahrt erfuhr ich, dass er von der Elfenbeinküste stammt, in Paris studiert hat und jetzt mit Frau und Kind in Oslo lebt… er ist IT-Consultant und schreibt gerade an einem Buch über Manipulation im Geschäftsleben und in der Kriegsberichterstattung… als Beispiel bezieht er sich auf das Medienecho während des Bürgerkrieges in seinem Heimatland… er sammelt schon vier Jahre lang Material und hat inzwischen Kontakt zu zahlreichen Journalisten, Militärs, sowie zur Außenministerin oder Staatspräsidentin der Elfenbeinküste… außerdem sprachen wir über Deutschland und deutsche Städt… an dieser Unterhaltung beteiligte sich gleich noch ein anderer U-Bahn-Passagier… einhellige Meinung der beiden: München ist versnobt, Dresden ist sehr schön, Köln ist ein kleines Berlin und Berlin ist genial… die einzige deutsche Stadt, die wirklich eine lohnenswert eigene und weltoffene Kultur hat, sei Berlin – leider war unsere Unterhaltung nur sehr kurz… nach einer halben Stunde notierte ich mir noch seine Mailadresse, dann trennten sich unsere Wege
- Wer daran glaubt, mag es für Schicksal halten, dass wir uns dort getroffen haben… zielführend für meine Reise war es jedenfalls nicht… denn in Paris-Montparnasse angekommen, musste ich feststellen, dass zwar tagsüber alle Züge Richtung Bordeaux und Toulouse dort abfuhren… die Nachtzüge aber starteten von Paris-Austerlitz… sie waren für mich jetzt nicht mehr zu erreichen und so blieb mir nichts anderes als auf dem Bahnhof zu übernachten, bis am morgen der nächste Zug weiterfuhr

Tag 26 – 05.06.2007 – Amsterdam


- Kurz nach 9 Uhr bin ich an diesem Morgen aufgestanden, um das Frühstück nicht zu verpassen… die amerikanischen Weltenbummler hatten sich ihre Wecker auf halb zehn gestellt, lagen aber später immer noch im Bett, als ich mich schon auf den Weg machte – am Frühstückstisch konnte ich mich wieder einmal meiner Muttersprache bedienen, denn ebenfalls am Vortag angereist waren drei Abiturienten aus Mindeln bei Hannover… am interessantesten an unserer Unterhaltung war, zu erfahren, dass einer von ihnen seinen Zivildienst in Indien bei einer deutschen Hilfsorganisation leisten wird… derartiges war mir bisher nicht bekannt… das hätte mein Interesse sicher auch eher geweckt, als die Möglichkeiten hier zu Lande
- Nach dem Frühstück bin ich dann, den ADAC-Stadtplan immer griffbereit aufgebrochen… entlang der Kanäle bin ich stundenlang durch die Straßen und Gassen gegangen – von dem was ich bisher auf Bildern gesehen hatte, war ich von Amsterdam eigentlich wenig begeistert… deswegen wollte ich einen Tag meiner Rundreise nutzen, um diesen Eindruck wenigstens zu bestätigen… aber das Gegenteil war der Fall… wie schon am Vortag so beeindruckte mich die Stadt äußerst positiv… irgendwie sind alle Kanäle gleich und doch ist jeder anders… vor allem die Hausboot strahlen so eine Einfachheit aus… da sind moderne Hausboote, ziemlich heruntergekommene und einige, die dem Sinken nahe, aber liebevoll gepflegte Boote… vor allem letztere beiden dominieren das Bild – und genauso wie mit den Hausbooten verhält es sich auch mit den Häusern in der Stadt… einige sind hochmodern… manche werden einfach nur bewohnt und andere werden liebevoll gepflegt… immer mal wieder ist im Erdgeschoss ein kleines Geschäft untergebracht… so stieß ich völlig abgelegen auf einen Haustein laden mit deutschen Designerküchen… wer den dort finden soll, ist mir ein Rätsel – und natürlich nicht zu vergessen, sind im Stadtbild die Fahrräder… Gangschaltungen sind eine Seltenheit, da eh alles flach ist und so ist der Großteil der Fahrräder schon etwas betagt – auf den Plätzen und in den kleinen Straßencafes und –restaurants herrschte reges treiben… fasziniert haben mich vor allem die Trödelmärkte… sie sind eine Art „offline-Ebay“… es gibt dort durcheinander wirklich alles was man sich vorstellen kann… vom Gewürz, über alte Möbel, Handys, Kleidung, alte Spielzeugautos, Haushaltgeräte, Schmuck, DVDs und CDs, geschnitzte Figuren… einfach alles… allerdings ist es wohl fast zwecklos mit einem bestimmten Einkaufswunsch dort hinzugehen… man sieht tausend Sachen, aber etwas zu finden, ist wohl fast ein Ding der Unmöglichkeit – ein andere Punkt der für Amsterdam spricht… nirgendwo ist das (Mc Donalds) Eis preiswerter… ganze 35Cent kostete hier das einfache Softeis… auch die sonstigen Lebensmittelpreise sind sehr günstig… nur verständlich warum es gerade im Amerstdam so viele Menschen gibt, die von der Hand in den Mund leben
- Irgendwann am Nachmittag kam ich dann zum Anne-Frank-Haus und Museum… erst hatte ich vor mich anzustellen und die Ausstellung zu besichtigen, dann lies ich es aber doch, da ich zum einen mit Sicherheit noch einmal für mehrere Tage die Stadt besuchen werde und ich dann auch in aller Ruhe die Ausstellung anschauen kann… diesmal wären mir nur maximal anderthalb Stunden geblieben und ob das Museum bei diesem Andrang überhaupt angenehm zu besichtigen ist, war fraglich… so setzte ich mich vor einer Kirche in den Schatten und genoss noch etwas die Atmosphäre... auch suchte und kombinierte ich mögliche Zugverbindung für diesen Abend und die folgenden, meine letzten Tage der Reise… nach einer halben Stunde hatte ich endlich eine akzeptable Route gefunden… um 17:30 wollte ich von Amsterdam nach Paris und von dort aus mit dem Nachtzug nach Bordeaux fahren… ich setzte meinen Stadtrundgang Richtung Bahnhof noch etwas fort… dort in der Nähe angekommen versuchte ich noch einmal Gebrauch vom Internetzugang von Meyers-Rundfahrten zu machen… aber irgendwie hackte es diesmal ständig… ich hatte noch eine halbe Stunde bis zur Abfahrt Zeit… dachte ich… bis ich mithörte, wie der Mann neben mir zu seiner Frau „five to six“ sagte… gar nicht sofort realisierend, schaute ich erst nach einer Weile auf meine Handyuhr und stellte erschrocken fest, dass es wirklich bereits 18 Uhr war… ich hatte mich irgendwie um eine Stunde vertan… wie das passieren konnte, ist mir noch jetzt ein Rätsel… zumal ich mehrmals in den davorliegenden Stunden auf meine Uhr geschaut hatte… eine Teilschuld trägt auf jeden Fall die dämliche Analoganzeige meiner Handyuhr… meine älteren Handys hatten alle eine digitale Zeitanzeige… damit wäre mir das ganze sicher nicht passiert
- Nun ja… irgendwie musste es trotzdem weiter gehen und so beschloss ich erst einmal nach Brüssel zu fahren und dort nach einem freien Bett in einer Jugendherberge zu suchen… am Vortag hatte ich da eins gefunden, aber nicht gebucht, da ich eigentlich erst nach Bordeaux wollte – kurz vor zehn war ich dann in Brüssel… erst auf dem Fernbahnhof… aber die Nachtzüge waren wirklich alle schon weg… dann auf dem Stadtbahnhof… eine halbe Ewigkeit musste ich die Bahnhofsstraße entlang gehen, um endlich einen Internetzugang zu finden… er gehörte zu einem Hotel, in dessen Tür das Schild „No free Beds for tonight“ hing… und dieses Schild traf auch auf die Jugendherbergen zu, die ich online finden konnte
- Da der Bahnhof nicht sonderlich gemütlich aussah, sah ich mich nach noch verkehrenden Nahverkehrsverbindungen um… auf diese Weise stieß ich auf einen Zug, der von Brüssel bis Rotterdam und morgens wieder zurück fuhr… er brauchte für eine Strecke fast zwei Stunden und somit war ich schon mal fast vier Stunden komfortabel untergebracht… in Rotterdam musste ich bloß noch die Zeit von halb eins bis halb sechs tot schlagen – so bin ich dann also nach Rotterdam gefahren… der Bahnhof dort war aber schon geschlossen und so machte ich mich auf den Weg in die Stadt… irgendwie standen in Bahnhofsnähe nur Geschäfts- oder Hotelhochhäuser und gegen ein Uhr war die Atmosphäre dort wenig einladend… ich hätte bis zwei noch bei irgendeinem chinesischen Restaurant verweilen können, zog es dann aber doch vor noch einmal zum Bahnhof zu schauen… dort machte ich die glückliche Entdeckung, dass es einen Flughafenzubringer für den Amerstdam-Airport gab, der die ganze Nacht über fuhr… der Zug pendelte immer zwischen Rotterdam, Amsterdam und Uttrecht… für eine Strecke benötigte er ebenfalls fast zwei Stunden und so saß ich um ein Uhr schon wieder im Zug… gegen 2 und 4 Uhr kam ich dann in dieser Nacht noch zwei mal an Amsterdam vorbei… stieg später in Rotterdam wieder um Richtung Brüssel