Dienstag, 22. Mai 2007

Tag 8 – 18.05.2007 – Porto/Lissabon


- Am Morgen bin ich gegen halb oder um acht aufgestanden… das Zimmer hatte sich am vergangenen Abend noch komplett gefüllt… das bedeutete ein Bad mit Dusche und WC für acht Leute (m/w), außerdem keinerlei Schränke oder Ablagen, die Dielen des alten Hauses knarrten bei jedem Schritt, egal wo im Haus sich gerade jemand bewegte, man hörte es… im Bad waren an manchen Ecken Schimmelflecken und auch in der Gemeinschaftsküche im Erdgeschoss konnte man an den Wasserflecken an der Decke genau erkennen, wo in der Etage darüber die Dusche stand – damit sei meine Vortagsbemerkung „viel zu teuer“ nochmals unterstrichen
- Da es in der Jugendherberge kein Frühstück gab, machte ich es mir in der Altstadt auf einer Bank bequem und erlabte mich an Multivitaminsaft, Joghurt und irgendeinem leckeren hier üblichen Gebäck… selbiges hatte ich schon in Spanien gekauft.. Salzstangen gibt’s hier keine und so war ich im Supermarkt auf diese Dinger gestoßen… eine Art aufgeschnittene 6cm lange Minibaguettes aus Vollkornmehl, die wie Zwieback nochmals geröstet wurden
- Nachdem ich gesättigt war, fuhr ich mit meiner Erkundung der Altstadt fort… ich sah mir noch eine der größten Kirchen Portos an, die Börse… wobei ich auf eine Besichtigung verzichtet habe, denn irgendwo ähneln sich die ganzen reich verzierten und ausgestatteten Gebäude doch – schließlich kam ich wieder an die Dom-Luís-Brücke, die ich am Vortag aus der Ferne schon bewundern konnte… diesmal führte mich mein Weg darüber zum anderen Ufer des Rio Douro… ein faszinierendes Bauwerk
- Dank Wikipedia löste sich auf mein Unverständnis über die hiesigen Straßenbahngleise auf… bis 1980 wurde die Straßenbahn immer weiter stillgelegt und durch Busse ersetzt… 1992 beschloss man dann den Bau einer U-Bahn, die teilweise auch überirdisch auf alten Straßenbahngleisen oder ehemaligen Schmalspurbahnstrecken fährt… eröffnet wurde der erste Abschnitt davon aber erst schlappe zehn Jahre später… anscheinend ist die Bürokratie allerorten gleich J
- Ebenfalls an deutsche Bürokratie wurde ich am Vormittag am Bahnschalter erinnert… dort konnte man sich nicht wie an gewöhnlichen Bahnhofsschaltern einfach an einer Schlange anstellen… nein, man musste wie bei der „Agentur für Arbeit“ erst eine Nummer ziehen und anschließend warten, bis diese angezeigt wurde… sehr lächerlich bei drei geöffneten Schaltern und durchschnittlich ca. vier wartenden Reisenden… immerhin klappte die Reservierung problemlos
- Was mir in den spanischen Städten schon aufgefallen war, wurde hier in Porto zum äußersten getrieben… in fast jedem Haus war irgendeine Art Cafe oder Laden… die Vermutung liegt nahe, dass hier jeder der sich arbeitslos melden möchte, die Auflage bekommt zumindest eines von beiden zu eröffnen… sonst gibt’s kein Geld vom Staat… anders kann ich mir nicht vorstellen, wie jemand davon Leben kann, pro Tag maximal einen Artikel zu verkaufen oder zwei Kaffees und ein Glas Wasser auszuschenken… denn mehr Umsatz ist bei der Anzahl der Cafes und Geschäfte und in diesen Gegenden, wo sich außer mir nur ausgemerkelte Katzen und der Tod selbst rumtreibt, nicht zu machen… auch kann hier anscheinend jeder alles und überall verkaufen… man bekommt im vorübergehen auf dem Fußweg von der Uhr bis zur Hose alles angeboten und sogar Schuhputzer sind hier an manchen Ecken noch anzutreffen… ganz im Gegensatz dazu residiert einige Straßen weiter an einem großen Platz eine McDonalds-Filiale im ehemaligen Imperial-Hotel
- Damit war mein Porto-Aufenthalt dann auch schon wieder beendet… problemlos erreichte ich diesmal meinen Zug und konnte auf der Fahrt nach Lissabon meine letzten Bilder aussortieren und von der Kamera auf mein Notebook überspielen… darüber letzteres doch noch mitgenommen zu haben, bin ich inzwischen mehr als froh, denn das Bilder aussortieren und überspielen nimmt doch einige Zeit in Anspruch… meist ein bis zwei Stunden pro Tag… die sich auf den Zugfahrten meist problemlos finden lassen… immerhin habe ich nach aussortieren der Bilder trotzdem noch über 850 Bilder nur von der ersten Woche… den Großteil davon als Urlaubserinnerung und zur Reisedokumentation, aber auch mehr als eine Hand voll wirklich beeindruckender Fotos
- Neben dem Aussortieren von Bildern hatte ich während der Fahrt nach Lissabon noch eine weiter Unterhaltung: das Kinderspiel „Reise nach Jerusalem“/Stuhlspiel auf Portugiesisch… in der Umsetzung sah das folgender Maßen aus… jeder Passagier im Zug hatte dank seiner Reservierung einen genau definierten Platz… beim Betreten des Zuges (der Anfangs logischerweise noch relativ leer war) suchte sich jeder Fahrgast einen ihm genehmen Platz heraus und setzte sich dort hin… falls später jemand kam, der eine Reservierung für diesen Platz hatte, begnügte sich dieser meist damit, sich einen anderen Platz irgendwo in der Nähe zu suchen… je voller der Zug aber wurde, desto schwieriger wurde dies aber auch… als dann nahezu alle Plätze belegt waren, kam dann ein älterer Herr, der unbedingt darauf bestand auf seinem Platz zu sitzen… dadurch musste ein Päärchen weichen, deren Plätze hatten widerum drei junge Männer belegt und so wurde eine Kettenreaktion im ganzen Zug ausgelöst… sehr amüsant anzuschauen… zumal ich das Glück hatte, meinen ebenfalls frei gewählten Platz nicht wieder aufgeben zu müssen
- Um 16 Uhr kam ich dann in Lissabon an… da an meinem Ankunftsbahnhof keine U-Bahn-Station vorhanden war, entschloss ich mich wieder mit Sack und Pack quer durch die Altstadt Richtung Jugendherberge aufzumachen… an das Gewicht hatte ich mich mittlerweile eh schon gewöhnt… nach einigem Laufen und ersten Zweifeln beim studieren des ADAC-Stadtplanes konnte ich mich immerhin in meiner Muttersprache bei einem deutschen Urlauberpärchen nach der Richtigkeit meines Weges befragen… kurz darauf bemerkte ich dann, dass ich mitten in der Alfama, der Altstadt, zwischen den Sehenswürdigkeiten umherstiefelte und so nahm ich mir erstmal Zeit die ADAC-Karte in Ruhe zu betrachten, unterbrach meinen Weg zur Jugendherberge und machte mich direkt zum Sightseeing auf… vom Castelo de Sao Jorge konnte ich mir einen ersten Überblick über die riesige Stadt machen und die Ursprünge von Lissabon besichtigen… in der verwinkelten Altstadt sind vor allem die Straßenbahnen ungewöhnlich… sie bestehen jeweils nur aus einem Triebwagen mit ca. 2m Radstand… dadurch könne sie sich kreuz und quer, vor allem aber auf und ab durch die engen und steilen Gassen bewegen – zur Besichtigung des Pantheon kam ich leider zu spät… der ist unverständlicherweise nur täglich nur von 10-17Uhr geöffnet… reichlich kurz für ein Nationalheiligtum… in ihm sind nahezu alle berühmten Portugiesen tatsächlich oder symbolisch bestattet
- Der späte Nachmittag und frühe Abend in der Altstadt recht schnell vergangen, so dass es schon nach acht war, als ich mich durch die Gassen auf in Richtung Jugendherberge machte… die fand ich dann nach einer Weile ohne weitere Umwege, stellte den Großteil meines Gepäcks ab und machte mich nochmals in den nahe gelegenen Park… ausgerechnet die eine von zwei Säulen des Denkmals zur Nelkenrevolution war aber nicht beleuchtet… wäre es in Deutschland, so stände dies symbolisch für unsere durchschnittlichen Wahlbeteiligungen und somit für die (Fehlein-)Schätzung der demokratischen Werte
- Wieder zurück in der Jugendherberge machte ich dann mit zwei Portugiesen Bekanntschaft, die auch in meinem Zimmer übernachteten… kurioser Weise waren beide ebenfalls aus Porto gekommen und sollten am nächsten morgen nach Deutschland, genauer gesagt nach Duisburg, fliegen… beide arbeiteten für Microsoft

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